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Passivhaus – ein Blick in seine Vergangenheit

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Wer sich in der Baubranche ein wenig umhört und sich mit Häuser-Renovierung und Wärme-Isolierung beschäftigt, wird früher oder später auf den Begriff eines Passivhauses stoßen. Was aber hat es wirklich damit auf sich? Handelt es sich dabei nur um ein Synonym für ein überisoliertes Gebäude?

Grundsätzlich versteht man unter einem Passivhaus ein Haus, das dank seiner herausragend guten Wärmedämmung keine mechanische oder elektrische Gebäudeheizung und keine Kühlanlagen benötigt – in anderen Worten ein Gebäude, das bei geringem Heizbedarf dennoch höchsten Wohnkomfort gewährleisten soll. Aus diesem Grund ist das Passivhaus auch keine Marke, sondern ein Baukonzept, das theoretisch von jedem in diesem Gebiet fähigen Architekten entworfen werden kann. Die technische Definition lautet wie folgt:

„Ein Passivhaus ist ein Gebäude, in welchem die thermische Behaglichkeit (ISO 7730) allein durch Nachheizen oder Nachkühlen des Frischluftvolumenstroms, der für ausreichende Luftqualität (DIN 1946) erforderlich ist, gewährleistet werden kann – ohne dazu zusätzlich Umluft zu verwenden.“

Das Passivhaus ist also keine Erfindung – eher wurde es mit der Zeit entwickelt, indem man bereits vorhandene Techniken und Mechanismen anzuwenden gelernt hat. Rund um den Globus gab es Konzepte für das Passivhaus, und Stück für Stück haben sie sich schließlich zusammengesetzt. Wir wollen euch einen kleinen Einblick in die Geschichte des Passivhauses geben.

In zahlreichen Ländern gibt es Gebiete, in denen weder eine aktive Heizung noch eine kühlende Anlage benötigt wird, einen guten Hausbau vorausgesetzt. Dort leben die Menschen in einer Art von Passivhäusern, wenn diese auch technisch nicht unter dieses Etikett fielen. In den 90er Jahren kam so die Frage auf, ob sich das Konzept des Passivhauses nicht auch in europäischen Ländern verwirklichen ließe.

Die Anfänge des Passivhauses reichen bis ins Mittelalter zurück. Nach einer schweren Krise im 17. und 18. Jahrhundert, in der durch die Überholzung der Wälder das Brennholz knapp wurde, wurde in Island eine Technik zum Häuserbau angewandt, die man heute als Torfrasenbauweise kennt. Während in anderen Teilen der Welt Kohle als Heizmittel verwendet wurde, fanden die Isländer heraus, wie sie ihre Häuser auch ohne Heizmittel warm halten konnten.

Danach folgten einige kleinere Gebäude in verschiedenen Teilen der Welt, von denen man heute als Vorgänger des Passivhauses sprechen kann. Die Fram, die Ende des 19. Jahrhunderts von Fritjof Nansen als Expeditionsschiff im Nordpolarmeer eingesetzt wurde, war technisch ein Passivhaus, deren Räume durch zahlreiche Schichten aus unterschiedlichen wärmedämmenden Materialen gut warmgehalten wurden. Ein Ofen war zwar vorhanden, aber nicht notwendig, wie sich bald herausstellte.

Im Jahre 1973 konstruierte der dänische Professor Vagn Korsgaard das sogenannte „DTH-Nullenergiehaus“. Das Haus war ein Ergebnis von zahlreichen Simulationen und Entwürfen. Das Haus ist bis heute intakt; die passive Wärmedämmung wird weiterhin instand gehalten.

Während der 70er und 80er Jahre gab es in Amerika zahlreiche Entwicklungen, die in die Richtung Passivhaus gingen; die offizielle Betitelung war hier „superinsulated houses“, supergedämmte Häuser. Interessant sind in diesem Zusammenhang die Werke von William A. Shurcliff aus dem Jahre 1981, die auch für andere Länder eine Grundlage bildeten.

Auch in Deutschland gab es zu dieser Zeit Entwicklungen in dieser Richtung. Angeführt von H. Hörster, gab es eine vom Bundes-Forschungsministerium finanzierte Untersuchung, die sich zum Ziel gesetzt hatte, die wichtigsten Eigenschaften für ein energiesparendes Haus herauszustellen. In einem Feldversuch wurden diese schließlich getestet. Schlussendlich konstruierte und baute das engagierte Team ein supergedämmtes Einfamilienhaus mit aktiver Solarausstattung. Bewohnbar war das Haus indes nicht; es diente nur zu rein experimentellen Zwecken.

Einen wichtigen Anteil an der Entwicklung des Passivhauses leistete auch Amory Lovins. Zum einen wurde er weltweit bekannt durch seine Veröffentlichungen zu alternativen Energiepfaden, zum anderen erbaute er in mehr als 2000 Metern Höhe in Old Snowmass, Colorado, ein sehr gut wärmegedämmtes Haus, dessen Wärme fast ausschließlich über die angebauten Solarzellen eingespeist wurde. Die vorhandene Wärme reicht aus, um im Wintergarten tropische Pflanzen sprießen zu lassen.

In der Gegend von Hannover wurde im Jahre 1989 das sogenannte „Nullenergiehaus“ errichtet, instruiert von dem Verein „Ökologische Zukunftswerkstatt Minimal- und Nullenergiehäuser e. V.“. Rein rechnerisch lagen die Bedarfswerte zwar im Bereich eines Energiesparhauses, allerdings stellte sich heraus, dass es in der Praxis mehr verbrauchte als eigentlich erlaubt. Dies lag vor allem an der Luftdichte, der Solartechnik, die die Energie speichern sollte, und den Dämmläden. Das Haus wird bis heute verwendet, wenn es auch nie entsprechend aufgestockt wurde, um die Bedingungen für ein Passivhaus offiziell zu erfüllen.

Das „Nullenergiehaus“, aber auch zahlreiche andere Passivhäuser oder „Nahezu“-Passivhäuser, zeigten die Probleme und die technischen Schwächen auf, mit denen die Architekten stark zu kämpfen hatten, und die sie erst nach und nach überwanden. Dennoch waren die hier aufgezeigten Entwicklungen essentiell für die Begriffsbildung des Passivhauses, wie wir es heute kennen.

Als problematisch erwies sich etwa, dass die Luft dauerhaft eine bestimmte Dichte besitzen muss. Der schwedische Professor Arne Elmroth hat diese Angelegenheit lange in seinen Veröffentlichungen thematisiert.

Daneben schmerzte aber auch der Mangel an wirklich energieeffizienten Fenstern. Man war noch nicht in der Lage, die Fensterrahmen thermisch ausreichend zu trennen. Dies führte dazu, dass man die Fenster aufwändig mit temporären Dämmungs-Methoden „polstern“ musste, oder dass man nur sehr kleine Fenster verwendete.

Vor allem aber war die zur Energiedämmung verwendete Technik nicht sehr verlässlich. Oftmals konstruierten die Architekten eine aufwändige, weitreichende Technik, die sich aber als nur temporär funktionierende Methode herausstellte, oder die gar nicht funktionierte – ein Phänomen, das man heute gerne als „technological christmas tree“ bezeichnet.

Diese Probleme konnten erst in der neueren Zeit gelöst werden; teilweise suchen die Techniker bis heute noch nach effizienteren Möglichkeiten. Gerade in der Schweiz und in Österreich gab es Ende des letzten Jahrhunderts viele Pioniere, die die Techniken zum Bau eines effizienten übergedämmten Hauses weit voranbrachten und es schließlich zu dem werden ließen, was es heute ist.

Heute werden Passivhäuser in der ganzen Welt munter gebaut und verwendet, mit ganz unterschiedlichen Methoden – die Norm für Passivhäuser schreibt nämlich keine bestimmte Technik vor. Vielmehr gibt es stets neue Entwürfe zum Passivhaus – jeder bewanderte Architekt sollte in der Lage sein, ein solches zu entwerfen.

Autor: Sotirios Marinis

Hallo. Hier schreibt Sotirios Marinis. Seit rund 15 Jahren bin ich in der Baubranche tätig. Aufgrund dieser langen Zeit konnte ich mir viele fachliche Kenntnisse erwerben, das ich gerne hier mit Euch teilen möchte…

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